Adresse
Ostkorso 4
32545 Bad Oeynhausen
Christine (Name geändert)
Ich weiß noch mein aller erster Tag in der Klinik. Neu aufgeregt und zitternd saß ich vor der Rezeption, sah meiner Mutter nah bis endgültig fort war. Oftmals ging jemand an mir vorbei und lächelte mir zu. Jedes lächeln munterte mich mehr und mehr auf.
Und dann ging es los. Die erst Woche. Kein Handy, kein Kontakt nach Hause oder zu freunden, niemand den ich kannte. Hier würde ich jetzt also bleiben, für die nächsten zwei Monaten. Eine wirklich lange Zeit, oder?
-Zwei Monate und eine Woche später-
Kurz zusammengefasst, die Zeit hier verging wie im Flug. In diesen zwei Monaten habe ich eine Menge Erfahrungen gesammelt und sehr viel erlebt. Ich habe viele, tolle, neue Leute kennen gelernt, habe mir viele Vorträge angehört und mich in vielen Kursen angemeldet und erfolgreich teilgenommen. Auch die Therapien haben mir sehr geholfen. Körpertherapie gefällt mir immer noch am besten.
Und jetzt ist es soweit. Jetzt bin ich die Person die die neuen Patienten an der Rezeption an lächle. Und on vier Tagen bin ich zu Hause. Ich bin echt aufgeregt aber ich freue mich auch. Auch wenn ich weiß das ich ein neu gefundenes Zu Hause bald verlassen werde. Meine Mitpatienten die Betreuer, dieser Ort, einfach alles ist mir in der ganzen Zeit immer mehr ans Herz gewachsen. Ich werde die Zeit hier echt vermissen. Klar gab es oft auf Tiefen. Aber die gehören nun mal dazu. Denn wie heißt es so schön, wer die Tiefen des Lebens kennt, lernt die Höhen zu schätzen.
Zum Abschluss möchte ich euch allen noch sagen, das egal in welcher Situation ihr gerade seid, gebt niemals auf. Glaubt an euch und seit stolz auf das was ihr bereits geschafft habt. Ihr habt es euch verdient.
Mir wird jedes Mal aufs Neue klar, wie viel ich schon erreicht habe. Und natürlich wird mein Kampf auch nach der Klinik, nicht geschafft sein, aber er geht weiter. Ich kämpfe weiter. Und das werdet ihr auch. Ihr seid alles so tolle, nette, liebe, Menschen die alle ein Leben ohne Essstörung verdient haben.
Ich wünsche jedem einzelnen von euch alles alles Gute, bleibt stark und glaubt an euch. Denkt immer daran, der Weg zum Erfolg ist oft steinig, aber das Ziel lohnt sich umso mehr!
Anonym: Damals 16 Jahre
Mein Klinikaufenthalt ist jetzt echt schon etwas länger her, genau genommen fast 6 Jahre, ich war im Frühling 2013 auf der Jugendstation in der Klinik am Korso. Dennoch kann ich mich genau daran erinnern, wie viele Gedanken ich mir um den Klinikaufenthalt gemacht habe und hoffe euch mit meinem Erfahrungsbericht vielleicht ein bisschen die Angst nehmen zu können. Oder aber auch euch überhaupt erst mal die Entscheidung für einen Aufenthalt in der Klinik erleichtern.
Vor der Klinik…
Bei mir hat die ganze Sache mit der Essstörung Anfang 2012 angefangen und es ging alles ziemlich schnell. Schon im Dezember 2012 hatte ich mich mit einem Aufenthalt in einer Klinik auseinandergesetzt. Mir passte alles in allem die Klinik am Korso am besten, sodass ich den Fragebogen auf der Seite ausgefüllt und dann für Januar einen Termin für ein Vorgespräch vereinbart habe.
Das mag jetzt vielleicht so klingen, als ob alles ziemlich klar für mich gewesen ist und ich völlig überzeugt davon war in die Klinik zu gehen. Aber Nein, das war ich (natürlich) nicht. Ich hatte große Zweifel, war mir überhaupt noch nicht sicher, ob ich in eine Klinik will. Ich habe mir Gedanken darüber gemacht, dass ich abgeschottet von meiner Familie und meinen Freunden sein würde, in einer fremden Umgebung, mit Mitpatienten, die mich vielleicht nicht mögen, ich würde nicht wissen was auf mich zukommt, ich würde essen müssen, ich müsste zunehmen, hätte alles vielleicht nicht mehr unter Kontrolle… Und dann auch bezüglich des Vorgesprächs, bei dem ich absolut nicht wusste, was von mir erwartet wird. Alles Gedanken, die mir große Angst bereitet haben. Trotzdem habe ich mich zu dem Vorgespräch angemeldet. Die Gedanken und Ängste waren dann im Nachhinein gesehen total, wirklich komplett unbegründet.
Bei dem Gespräch redet man mit einer Therapeutin, die wirklich Ahnung davon hat was sie tut und vorallem wie ihr euch fühlt. Ich jedenfalls, habe mich das erste Mal richtig verstanden gefühlt. Ich konnte es sogar kaum glauben, was für ein geborgenes Gefühl ich dort hatte und wäre am liebsten dageblieben. Ich hatte nun wirklich Hoffnung, dass die Klinik mir helfen könnte.
Wenn ihr wollt (so habe ich es jedenfalls von anderen gehört) könnt ihr euch auch da schon die Station angucken, sodass ihr schonmal einen Eindruck bekommt, wie ihr dort untergebracht sein würdet. Auch das kann euch ein bisschen die Angst nehmen, also fragt ruhig nach.
Was ich euch aufjedenfall ans Herz legen kann: Egal wie viel Angst ihr habt oder wie unsicher ihr euch seid, meldet euch wenigstens erstmal für ein Vorgespräch an. Es bedeutet noch nichts, ihr seid zu nichts verpflichtet und könnt euch zunächst ganz in Ruhe einen Eindruck von dem ganzen Ort verschaffen. Vielleicht geht es euch ja im Nachhinein so wie mir und es kommt alles ganz anders als erwartet.
Nach dem Vorgespräch habe ich dann auch direkt einen Antrag an die Krankenkasse gestellt und mich in der Klinik auf die Warteliste setzen lassen. Leider gab es ein paar Probleme mit der Bewilligung, sodass es echt lange gedauert hat bis ich letztendlich einen Platz in der Klinik hatte – April 2013. Auch die Wartezeit war ganz und gar nicht einfach für mich, wahrscheinlich sogar die schlimmste Zeit. Trotz des guten Vorgesprächs haben sich meine Gedanken von vorher wiederholt und sich viel um den Klinikaufenthalt gedreht. Ich wollte alles wissen, was mit mir passiert. Am liebsten schon in die Zukunft schauen können. Aber das ist ganz normal. Es ist nunmal keine einfache Sache und etwas ganz neues. Vorallem für die Essstörung etwas, was mit ihrem Konzept ganz und gar nicht zu vereinbaren ist: Gesund werden? – Geht gar nicht! Aber lasst euch von dieser Stimme nicht abhalten! Ihr könnt alles auf euch zukommen lassen, euch wird nichts schlimmes passieren.
Trotz der nervenaufreibenden 3 Monaten bis zu dem Aufenthalt in der Klinik konnte mich nichts davon abbringen tatsächlich in die Klinik zu gehen. Letztendlich hatte ich ja auch immer noch die „gute Stimme“ in mir, die die ganze Zeit gesund werden wollte und so unglaublich viel Hoffnung in die Klinik gesteckt hat.
Die erste Woche in der Klinik…
Auch am ersten Tag war ich super aufgeregt und hatte Angst. Aber auch das ist normal, damit ist niemand alleine. Aber es ist wirklich alles halb so schlimm. Ich meine, JEDER der dorthin kommt ist mal „der/die Neue“. Jeder dort muss das gleiche mitmachen und alle haben Verständnis dafür, wenn ihr aufgeregt, ängstlich oder sonst was seid.
Am ersten Tag wird euch alles dort gezeigt und der Ablauf erklärt. Man muss zwar erstmal mit den ganzen Dingen vertraut werden und sich einiges merken bzw. sich zurechtfinden, aber das geht relativ schnell, weil man eine Gewisse Routine hat, die sich von Tag zu Tag bzw. wöchentlich wiederholt.
Aber ich will nicht lügen: Die ersten Tage waren bei mir wirklich schrecklich. Ich wusste einfach nicht wo mir der Kopf steht, hatte teilweise das Gefühl, dass mir alles zu viel wird und ich abbrechen möchte. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass auch das sehr normal ist. Es ist alles neu und ungewohnt und ein ganz, ganz großer Schritt – aber einer in die richtige Richtung, bei dem sich meiner Meinung nach aufjedenfall lohnt die Ängste und Verzweiflung am Anfang auszuhalten.
Trotz der ersten schlimmen Tage habe ich wahrgenommen, wie viel Unterstützung ich auch da schon bekommen habe. Klar, einmal haben mir schon die ganzen Therapien ein bisschen weiter geholfen, auch wenn ich vielleicht wegen all dem aufwühlenden Dingen noch nicht so viel davon mitnehmen konnte. Aber dass ich was zu tun hatte war aufjedenfall gut. Ich habe mich aber auch schon viel mit meinen Mitpatienten unterhalten. Diese hatten, unabhängig um welche Essstörung es ging, alle ähnliche Gedanken wie ich und ich habe mich einfach verstanden gefühlt, was unglaublich geholfen hat. Unterstützung habe ich auch durch Therapeuten bekommen, z.B. durch die Ernährungstherapeutin. Mit ihr habe ich einen Essplan erstellt (der ist immer ganz individuell und ist auch nur eine Option ;-)). Es gibt auch weitere Möglichkeiten die ihr einzeln besprechen und ausmachen könnt, wenn ihr Schwierigkeiten mit irgendetwas haben solltet.
Ich erinner mich auch an einen Abend in der ersten Woche an dem ich total fertig und wieder verzweifelt war. Das hatte eine der Betreuerinnen wohl mitbekommen und mich angesprochen. Sie hat mich in den Arm genommen und ich konnte mich einfach mal bei ihr ausweinen. Man ist dort also nie alleine und bekommt von allen Seiten Hilfe. So ist auch die von allen so gefürchtete Kontaktsperre halb so wild. Die Woche ging für mich so schnell rum und ich war mit so vielen anderen Dingen beschäftigt, dass ich sie als gar nicht schlimm empfunden habe.
Der weitere Aufenthalt….
Nach der ersten Woche, nachdem ich mich ein bisschen eingelebt hatte ging auch alles langsam aber sicher bergauf. Wenn man merkt wie viel neue Kraft und Energie man jeden Tag dazu gewinnt wird es leichter.
Vorallem durch meine Mitpatienten habe ich ganz, ganz, ganz viel Motivation bekommen – das war echt unglaublich! Wir haben uns alle so sehr unterstützt und uns motiviert, dass es nach einiger Zeit so viel Spaß gemacht hat immer wieder seine Ängste zu überwinden. Ich erinner mich zum Beispiel noch an den Tag, an dem meine Familie mal zu Besuch gekommen ist. Da man am Wochenende immer Freizeit hat und auch (meistens, das ist individuell) rausgehen kann haben wir einen Spaziergang gemacht und sind irgendwann bei einem Eiscafé gelandet. Und aufeinmal stand da ein Eisbecher vor meiner Nase, den ich mir selbst bestellt und auch selbst gegessen habe. – ICH! – Die ein paar Wochen vorher dachte ihr Leben wird nie wieder besser und sich für alles gehasst hat. Aber nein, ich habe es in kompletten Zügen genossen und war wahnsinnig stolz auf mich.
Und das nicht nur im Bezug auf Essen. Ich habe in der Klinik wieder gelernt auf meine Bedürfnisse zu hören. Dass ich mich nicht für irgendetwas hassen oder bestrafen muss.
Dazu haben meiner Meinung nach besonders die vielen Therapieangebote – Einzeltherapie, Gruppentherapie, Körpertherapie, Gestaltungstherapie, Ernährungstherapie, (und noch weitere, an deren Namen ich mich nicht mehr erinnere) beigetragen.
Damit es aber auch an den Wochenenden nicht langweilig wird (da man Samstags und Sonntags keine Therapien hat) wurden von der Klinik für die Jugendstation bestimmte Freizeitaktivitäten angeboten wie Kino, reiten, minigolfen, shoppen in Bielefeld oder ähnliches. Besonders für diejenigen, die noch keinen Besuch bekommen durften (wegen der Sperrzeit), aber auch für einen Ausgleich und Spaß am Wochenende fand ich die Möglichkeiten super. Ansonsten hab ich aber auch viel mit anderen Mitpatienten gemacht, was unabhängig von den Aktivitäten am Wochenende immer möglich ist. Dadurch haben sich tolle Freundschaften entwickelt und ich hab mich einfach super wohl in der Klinik gefühlt. Zudem hat es den Aufenthalt aufjedenfall um einiges erleichtert und zu etwas besonderem gemacht.
Aber natürlich ist nicht alles rosig oder wie man so schön sagt: „Friede-Freude-Eierkuchen“. Es gab die ein oder andere Therapeutin die ich nicht so gern mochte oder eine Therapie, die mir nicht so gut weitergeholfen hat. Und auch mit anderen Mitpatienten kam ich manchmal weniger gut klar. Aber auch davon lernt man sich abzugrenzen und auf sich selbst zu hören. Ich habe auch gelernt, dass es schlechte Tage im Leben geben darf oder mal was nicht so läuft wie ich es gerne hätte. Auch das gibt es in der Klinik. Aber davon sollte man sich nicht runterziehen lassen.
Irgendwann kam sogar der Zeitpunkt an dem ich mir gedacht habe, dass es jetzt genug ist. Ich hatte genug von dem Klinikalltag, ich wollte wieder ins Leben.
Die ersten Jahre nach der Klinik….
Nach 12 Wochen Aufenthalt wurde ich dann entlassen. Das ist auch bei jedem anders und wird mit der Therapeutin individuell abgesprochen. Das ist generell etwas, was ich an der Klinik besonders gut fand. Man wird nicht eingesperrt und kann sich zu vielen Sachen äußern, hat ein Mitspracherecht. Klar gibt es Regeln an die man sich zu halten hat – anders wäre es aber auch nicht möglich. Das ein oder andere muss man akzeptieren, was aber auch gut ist.
Vor der Entlassung hatte ich wieder 10000 Gedanken und Ängste: Was die anderen sagen oder mich sie blöd angucken würden?, Ob ich überhaupt wieder in mein altes Umfeld reinkomme….und so weiter. Auch diese Gedanken sind super normal. Aber auch diesmal sind es nur Gedanken geblieben. Es war, als wäre ich nie wirklich weg gewesen. Alle haben mich super lieb aufgenommen und es kam kein blöder Spruch! – Also sollte man sich auch von diesen Gedanken nicht abhalten lassen etwas zu ändern und den Schritt in die Klinik wagen.
Ich jedenfalls konnte auch schon kurz nach meinem Klinikaufenthalt wieder relativ frei Leben, aufjedenfall eine 200%-ige Steigerung zu vorher.
Trotzdem musste ich auch feststellen, dass nicht alles so einfach ist, wie ich es mir vorgestellt hatte. Die Klinik – das muss ich ehrlich sagen und war mir bei dem Aufenthalt noch nicht ganz so bewusst – ist ein geschützter Raum, in dem einiges anders ist als draußen in der „richtigen“ Welt.
Bei mir kamen nach ein paar Wochen negative Gedanken wieder. Es gab Tage und immer mal wieder Zeiten in denen ich mich wieder zurück in die Klinik gewünscht habe, in der mir geholfen wird und ich ein „einfaches“ Leben hab.
Aber trotzdem – es wurde nie ansatzweise so schlimm wie vor der Klinik, da ich dort gelernt habe, wie ich mit der Krankheit umzugehen habe und mich vorallem so gut kennen gelernt habe, dass ich meistens wusste was zu tun war. Zusätzlich hatte ich weiterhin Therapie, was mir auch sehr geholfen hat. Das kann ich auch wirklich jedem nur ans Herz legen! Sucht euch weiterhin Hilfe. Ich habe zwischendurch, als ich an allem, vorallem wieder an mir selbst sehr gezweifelt habe, immer wieder Hilfe geholt, z.B. bei meiner Familie oder bin nochmal zu einer Ernährungstherapeutin gegangen. Alles kann helfen, um nicht zurück in die Krankheit zu gehen. Aber manchmal wird es wieder schwieriger und man muss kämpfen.
Was man meiner Meinung nach nicht erwarten sollte ist vollkommen gesund und ohne jegliche Probleme aus der Klinik zu kommen. Es wird ein längerer und harter Weg werden, aber es ist aufjedenfall möglich! Es geht nicht von heute auf morgen, aber ES WIRD!
Heute…
Ich bin jetzt 22 Jahre alt und wie schon gesagt ist der Klinikaufenthalt schon fast 6 Jahre her. Trotz der immer mal wieder schwierigeren Tage und Phasen kann ich die Tage, an denen es mir wirklich, wirklich schlecht ging und die Essstörung mich wieder komplett hatte, an einer Hand abzählen.
Ich bin auch immer noch in Therapie. Für mich war es bis jetzt genau das Richtige und hat einen großen Teil zu meinem jetzigen Leben beigetragen und kann auch das jedem empfehlen, solange es einen Mehrwert bringt.
Auch einige Freundschaften damals aus der Klinik halten noch bis heute bzw. leben immer mal wieder auf.
Ich würde die Entscheidung für die Klinik am Korso niemals rückgängig machen.
Mittlerweile würde ich sogar sagen, dass ich keine Essstörung mehr habe. Es gibt immer noch Phasen und Tage an denen ich mich nicht so gut fühle, aber unabhängig von einer Essstörung geht es jedem Mensch so. Und ja, ich denke auch manchmal an das Thema Essen oder bin unzufrieden in meinem Körper – aber auch das finde ich völlig normal und bin der Meinung, dass es einfach menschlich ist. Der große Unterschied ist, dass es mein Leben nicht (mehr) bestimmt. Ich bin frei in dem, wie ich lebe, und mache nicht alles vom Essen/Nicht-Essen abhängig.
Für mich steht jedenfalls fest, dass die Essstörung keine Option in meinem Leben darstellt.
Ich selbst habe gemerkt, dass es ein langer Prozess ist. Es ist nicht immer alles schön. Und man selber muss immer weiter kämpfen, an sich arbeiten, das kann einem niemand abnehmen. Aber die Klinik am Korso bietet eine gute Grundlage dafür und ist – wie ich finde – wenigstens einen Versuch wert, den sich niemand verwehren sollte. Was ihr letztendlich daraus macht könnt ihr dann immer noch entscheiden.
Meine ganze Erfahrung, vorallem die in der Klinik, beschreibt ein Zitat, welches ich letztens gelesen habe wirklich gut:
„Dann kommt ein Moment, indem man am Rande eines Abgrunds steht und einen Schritt nach vorne machen muss. Nur um dann festzustellen, dass da gar kein Abgrund war.“ ~ John Strelecky
Video: Das erwartet dich auf der Jugendstation
Bericht über das Erstgespräch in der Klinik am Korso
Ende des Jahres 2017 machte ich ein Gespräch bei der Klinik am Korso in Bad Oeynhausen aus. Grund dafür war die Anorexie, welche Ausmaße hatte so dass es lebensgefährlich wurde.
Im Januar 2018 fuhr ich gemeinsam mit meinem Betreuern nach Bad Oeynhausen in die #KlaK bin dort das Erstgespräch wahrzunehmen. Es sollte geklärt werden ob ich dort aufgenommen werden kann und ob das Konzept passend für mich ist.
Dort angekommen meldeten wir uns erst einmal bei der Anmeldung an. Wir wurden in das Wartezimmer geschickt und eine Schwester kam mich abholen. Sie führte kurz ein Gespräch was das Anliegen ist, stellte mich auf die Waage und maß meine Größe und meinen Blutdruck.
Danach wurde ich noch einmal ins Wartezimmer zurückgeschickt und wartete auf die Therapeutin, welche mit uns das Gespräch führen sollte. Erst einmal wurde ich von ihr alleine mitgenommen und wir haben knapp 45 Minuten über meine Problematiken geredet . Ich berichtete über sämtliche Details und Ihre Auswirkungen. Danach wurde mir die Jugendstation kurz gezeigt.
Gemeinsam gingen wir zurück und meine Betreuer wurden zu dem Gespräch dazu geholt. Uns wurde noch einmal viel über das Konzept und die Regeln erzählt.
Jedoch wurde gesagt, dass mein Gewicht relativ kritisch ist und ich erstmal in eine Psychiatrie zum aufpäppeln soll, da die KlaK eine Reha-Klinik von den Johannitern ist. Zudem sollte ich mein Selbstschädigendes Verhalten Ersteinmal besser unter Kontrolle haben bzw stabiler sein aufgrund der komplexen Symptomatik.
Alle waren super nett dort und das Konzept hat auch gut gepasst. Ich hatte den Eindruck dass auf jeden individuell eingegangen wird und jeder ernst genommen wird.
Lena
Bevor ich hier her kam, dachte ich, mein Körper sei ein Kostüm & dass ich ihn mit reiner Willensstärke verändern & formen könnte. Ich dachte, wenn ich nur ein anderes Kostüm hätte, dann sei ich ein anderer Mensch, einer, der vielleicht sogar gut sei. Dass ich ein anderer Mensch war, das stimmte wohl, aber gut?
Das war weit gefehlt. In meinen Augen gab es kein „gut“ mehr und wenn doch, war es nicht gut genug.
!Reine Illusion der Perfektion!
Perfektion, das war das, wonach ich strebte, 5 Jahre lang suchte ich sie, ja, war besessen von ihr, bis mir klar wurde, es gibt sie nicht.
Hier fing ich zum ersten Mal richtig an, meinen Körper Stück für Stück zu akzeptieren & somit auch die Tatsache, das Idealismus & das Streben nach Vollkommenheit eine Aggression der Realität & somit unerreichbar ist. Der Wunsch, perfekt zu sein, liegt mir nun, elf Wochen später, so fern wie nie. Ich habe Macken. Ich habe Ecken. Ich habe Fehler. Aber all diese Dinge machen mich aus.
Heute blicke ich auf die Trümmer der letzten 5 Jahre zurück, doch ich belasse es dabei. Ich möchte nichts wieder kleben oder aufbauen & mich dabei verletzen, ich lächle & erbaue mir etwas eigenes, etwas Neues.
Annika, 17 Jahre
Ich weiß jetzt, wer ich bin, was ich will und wie ich das ausleben kann. Ich habe wieder Lust zu leben! Wie in dem Film „Der Club der toten Dichter“ so schön gesagt wurde:“ ich möchte das Mark des Lebens in mir einsaugen.“ Ich will die Welt entdecken, Neues und neue Menschen kennen lernen. Zwar will ich nicht wie jeder leben, aber ich möchte nicht mehr perfekt sein. Ich kenne meine Stärken, aber auch meine Schwächen. Die Welt steht mir offen. Die verschiedenen Farben haben sich zu einem abstrakten, wunderschönen, interessanten und völlig einzigartigen Kunststück in mir zusammengefügt. Jeden neuen Tag kann ich glücklich und mit einem Lächeln beginnen. Jede Sekunde möchte ich fühlen, erleben und ausfüllen wie keine zuvor. Ich bin Annika, ich bin ich, ich bin schön, ich bin hier, jetzt, und das kann mir keiner nehmen. Auch nicht ich selber. Hierhabe ich gelernt, was es bedeutet, das Leben zu fühlen, das Kribbeln im Körper. Manchmal habe ich das Gefühl, das Leben läuft durch meine Adern, weil ich es zu einem Teil von mir gemacht habe. Denn mein leben, meine Zukunft, Vergangenheit und Gegenwart, gehört mir und ich werde sie mit allen den Dingen füllen, die mir wichtig sind. So intensiv habe ich noch nie gefühlt oder gelebt. Zwar weiß ich, dass es auch dunkle Zeiten in meinem Leben geben wird, aber darauf folgt immer das Glück. Momentan habe ich das Gefühl, im warmen Licht der Sonne am Meer zu stehen und das Rauschen der Wellen zu hören und eins mit der ganzen Welt, mit den schönen und den hässlichen Seiten zu sein. Es gibt kein schöneres Gefühl, als zu leben, mit Leib, Seele, Gedanken, Gefühlen. Ich verlange nichts, nur zu leben. Und dieses Geschenk erhalte ich mit jeder Sekunde, die ich atme.
Meine Gedanken kreisen nicht mehr ums Essen, Kalorien oder Probleme, die unlösbar schienen, denn die brauche ich nicht mehr. Ich muss nicht mehr kotzen, um mich lebendig zu spüren, ich muss nicht mehr weinen, um der Welt zu zeigen, wie scheiße es mir geht und ich muss mich nicht mehr streiten, um Selbstbewusstsein vorzutäuschen. Für all das habe ich keine Zeit, keinen Platz und keine Lust mehr. Wenn ich mit 80 im Altersheim liege und mich nicht mehr selbst versorgen kann, will ich wissen, dass ich gelebt habe und nicht denken müssen, dass ich mein Leben verkotzt habe. Ich bin nicht mehr Ana oder Mia, ich bin ich. Und ich lebe jetzt und hier und das so intensiv wie irgends mörglich. Carpe diem. Nutze den Tag. Danach lebe ich. Nicht mehr von einem unerreichbaren, perfektionistischen Ziel am nächsten, sondern von Sekunde zu Sekunde. Herzschlag zu Herzschlag. Ich bin keine tote menschliche Hülle mehr, sondern ein Teil dieser wunderschönen Welt, voller Gefühl und Träume, die nur so brodeln und sprudeln und mich füllen. Warum sollte ich mich verstecken auf der Toilette über der Kloschüssel, wenn ich draußen die Faszination Leben erfahren kann?
Ich habe hier gelernt, wie wichtig das Leben ist und dass man dieses eine nicht leichtfertig wegschmeißen sollte. Ich bin so dankbar für alles, was ich hier erleben durfte und für alles, was ich dadurch noch erleben werde. Ich werde leben, einzigartig und unverwechselbar und das verdanke ich dieser Klinik. Die Hauptaussage daraus ist für mich: Lebe heute, erfüllt von Glück und Leben, im Wunder deiner selbst, im Strahl der Hoffnung, auf dem Weg in die unvergleichliche Zukunft.
Lea-Sophie, 14 Jahre
Hey Essstörung,
du bist ein richtiges scheiß Wesen. Du hast mir meine Lebensfreude, mein Selbstbewusstsein, meinen Mut genommen. Du hast mir mein Leben geklaut. Du bist ein Verräter und richtig hinterlistig. So etwas Dummes und Unnötiges hab ich noch nie kennengelernt. Mit diesem Brief werde ich mich verabschieden.
Du hast mal zu meinem Leben gehört. Du warst immer „Meine Macke“, „Meine Essstörung“. Doch du hast mir zuletzt mein Leben geraubt. Aber jetzt sag ich STOP FINITO ENDE. Es ist vorbei, du bist nur noch ein etwas, du bist nur noch ein etwas, du bist irgend eine Essstörung. Ich werde und will auf jeden Fall nie wieder was mit dir zu tun haben. Du hast Menschen in den Tod gebracht, na, bist du stolz drauf? Du hast dir Feinde gemacht, Feinde, die sich zusammengeschlossen haben, Feinde, die dich nun bekämpfen. Und du kannst mir glauben, wir jeder für sich wird dich finden. Es wird dir nicht helfen, immer weiter in unsere Körper und Köpfe einzudringen.
Dir wird es nix bringen, denn du bist alleine und ich habe Leute, die mich lieben und die hinter mir stehen. Diese Menschen hat jeder von uns. Du bist nutzlos, unnötig und unbeschreiblich feige. Du setzt dich einfach in die Körper und Köpfe rein…
Unglaublich, dass du uns so verarschen kannst, dass wir dir vertrauen, dass wir sogar so weit gehen und dir zuliebe unser Leben geben, unsere Freunde verlassen und uns selbst aufgeben. Ich habe den Mut gefunden, gegen dich zu kämpfen. Ich will dich nicht mehr. Du bist eine falsche Schlange, einfach nur ein Verräter.
Ich nehme mir alles zurück, was du mir genommen hast: Lebensfreude – Spaß – Freunde – Liebe – Humor – einfach meine Art.
Und das hab ich zum Glück hier geschafft, ich hab mich gerettet. Ich brauche keinem mehr was vorzuspielen! Danke dafür
Paula, 15 Jahre
Ich habe es geschafft, mich kennen zu lernen, zu verstehen und meine Bedürfnisse und meinen Körper zu akzeptieren.
Habe es geschafft, Depressionen beiseite zu räumen, um für etwas viel schöneres Platz zu machen: Lebensfreude !
Ich lebe wieder !
Mein Weg ist nicht zu Ende und es wird Höhen und Tiefen geben, aber mit dem was ich hier gelernt habe, starte ich gut ausgerüstet ins neue „alte“ Leben. Für jede Situation das passende Werkzeug.
Mit Fähigkeiten, zu lachen, weinen, albern zu sein, zu lieben und das Leben zu genießen.
Jeden Tag aufzustehen und sich von Freude erfüllen lassen.
Was für ein Leben !
Jana
Es gibt so viel, was ich eigentlich sagen möchte. Aber es ist schwer, all das in Worte zu fassen. In den letzten 2 ½ Monaten habe ich so viel gelernt und über mich selbst erfahren, was ich ohne diese Klinik niemals geschafft hätte. Ich habe gelernt, dass ich gut bin, wie ich bin, dass ich mich nicht verstecken und mir Essen nicht verdienen muss. Dass ich Fehler machen und haben darf, kein Mensch perfekt sein kann und gerade das jeden einzelnen von uns einzigartig und besonders macht. Ich habe gelernt, dass ich alles schaffen kann, wenn ich es nur will und ich manchmal die einzige Person bin, die mir dabei im Wege steht. Dass es okay ist, Angst zu haben, solange ich mich nicht von meiner Angst leiten lasse und dass ich auch mal über meinen Schatten springen muss, um weiter zu kommen. Dass ich Schwäche zeigen darf und Schwäche zeigen zu können eine Stärke ist. Ich habe gelernt, dass das Leben Spaß machen kann, wenn man die schönen Augenblicke, die das Leben zu bieten hat, genießt, anstatt immer nur das Negative zu betrachten. Dass es mir gut tut, über meine Probleme zu sprechen und ich die Menschen, die mich lieben, nur belaste, wenn ich es nicht tue. Dass ich vor Pferden keine Angst haben brauch, alleine Zug fahren sogar Spaß machen kann und viele Menschen meine tollpatschige Art nicht peinlich, sondern sogar liebenswert finden. Dass ich nicht mehr mit einer Hand die Vergangenheit festhalten sollte, wenn ich beide Hände für die Zukunft brauche. Und dank meiner Gruppe habe ich gelernt, dass bedingungslose Liebe auch außerhalb meiner Familie existieren kann. Ein großes Dankeschön an das gesamte Klinikpersonal, an Herrn R. für seine Geduld, seine Nerven und seine sanften Arschtritte, an meine Mitpat. für euer Verständnis, eure Hilfsbereitschaft und den Spaß, besonders im Raucherpavillion (Rauchen kann also doch was Positives haben) und vor allem natürlich an die Gruppe 8, dafür, dass ihr mir mit die schönsten 10 Wochen meines Lebens beschert habt. DANKE!