Wie läuft das in der Klinik?

Je nach dem, wie es dir – körperlich und psychisch – geht und wie belastbar du dich selbst fühlst, wirst du auch während deines Aufenthalts bei uns an bis zu 8 Schulstunden pro Woche teilnehmen. Wir arbeiten mit einer Klinikschule am Ort zusammen: die Lehrerinnen kommen zu uns ins Haus und es gibt Einzel- oder Kleingruppenunterricht; behandelt wird der Stoff, der auch in deiner Heimatschule gerade dran ist. Für viele unserer Patienten ist es möglich, dass sie nach ihrem Klinikaufenthalt wieder in ihre Klasse einsteigen; andere entscheiden sich dafür, das Schuljahr zu wiederholen – das ist vor allem dann sinnvoll, wenn man viel Schulzeit verpasst hat, sich die Leistungen während der Essstörung sehr verschlechtert haben oder man sich generell zu viel Stress macht.

Ein ganz klares JEIN! 😀 … das hängt nämlich sehr davon ab, mit welcher Symptomatik du zu uns kommst. Am Anfang deines Aufenthalts wird unsere Ärztin mit dir zusammen festlegen, ob und welchen Sport du machen darfst – oder vielleicht sogar musst. Für unsere Jugendlichen mit Übergewicht gibt es ein spezielles Sportprogramm, unter anderem Frühsport, Schwimmen, HipHop und Ergometer; auch Patienten mit Normalgewicht dürfen am Sportprogramm teilnehmen. Bei denjenigen, die unter Bewegungsdrang oder exzessivem Training leiden, haben wir da natürlich nochmal ein besonderes Auge drauf. Verboten ist Sport für alle, die untergewichtig sind – hier gilt es, erstmal den körperlichen Zustand zu verbessern und sich ausreichend zu ernähren. Und – das gilt für alle: Sportgeräte (Yogamatten, Hanteln, Crosstrainer, Stepper usw.) auf dem Zimmer sind ebenfalls nicht erlaubt. Am besten zu Hause lassen!

Da haben zwei ehemaligen Patientinnen ein ganz schönes Video zu gemacht
– tausend mal besser, als wir das jetzt hier erklären könnten. Link zum Video

Ja, aber mit Einschränkungen: Während der ersten Behandlungswoche gibts eine Kontaktsperre. Das heißt, dass du erstmal keine internetfähigen Geräte nutzen darfst. Dein Handy bewahren wir so lange für dich auf; größere Geräte solltest du unbedingt erstmal zu Hause lassen, weil wir die nicht sicher aufbewahren können. Nach der ersten Woche darfst du dein Handy tagsüber (8:45 bis 21:30) nutzen, über Nacht wird es dann von den Betreuern eingesammelt. Bevor du fragst: nein, nicht um dich zu ärgern. … sondern damit du dich, auch wenns ungewohnt ist, besser auf dich und die Therapie konzentrieren kannst und du nachts genug Schlaf bekommst.

Kein gruseliges Krankenhausessen. Keine Diätkost. Keine Spezialmischungen mit extravielen Kalorien. Eigentlich ganz normales Essen – was für viele Menschen mit Essstörung aber natürlich trotzdem ungewohnt ist. Unser Tagesplan ist so zusammengestellt, dass es dem Tagesbedarf einer erwachsenen Frau entspricht (Jugendliche brauchen meist sogar noch ein bisschen mehr…) und teilt sich auf in drei Haupt- und drei Zwischenmahlzeiten; besonders achten wir auch darauf, dass das Essen „ausgewogen“ ist – also von allem etwas: es gibt Gemüse. Es gibt Schokolade. Und jeden Tag ein Joghurt. Wer mit sehr starkem Untergewicht zu uns kommt oder besonders große Schwierigkeiten hat, Nahrung zu sich zu nehmen, der bekommt auch hochkalorische Trinknahrung. Wichtig vielleicht auch noch: du kannst bei uns auch vegetarisch essen. Nur vegan kriegen wir nicht hin.

Unser Ziel ist es natürlich, dass du lernst, eigenständig angemessen zu portionieren. Zu Beginn werden wir dir eine normalgroße Portion servieren, die du gerne aufessen darfst – und auch solltest. Es wird dich niemand zum Essen zwingen und wir erwarten auch keine spontane Wunderheilung – aber wahrscheinlich, hoffentlich, im besten Fall, bist du ja da, um etwas zu verändern. Dabei unterstützen wir dich gerne. Der eine braucht einen, der ein bisschen anfeuert, der anderer einen Vertrag oder einen liebevollen Arschtritt. Haben wir alles im Angebot . Im Laufe der Therapie wirst du lernen, immer eigenständiger zu essen, selbst zu portionieren und wieder auf dein Hunger- und Sättigungsgefühl zu hören. Und voilà: dein Körper sagt dir Bescheid, wann er Energie braucht und wann es genug ist.

Jeder Patient hat bei uns in der Klinik eine feste Therapiegruppe und einen Psychologen als Bezugstherapeuten. Zusammen mit der Therapiegruppe hat man zweimal pro Woche Gruppentherapie, einen Tag lang Ergotherapie (also „Kunst“), zweimal Körpertherapie, einmal Ernährungstherapie und zweimal Sozialpädagogische Gruppe. Den Bezugstherapeuten sieht man zweimal pro Woche zu einem 30minütigen Einzelgespräch. Man kann je nach Bedarf auch Einzelsitzungen oder Sprechstundentermine mit den anderen Therapeuten vereinbaren, zum Beispiel mit der Ergotherapeutin. Außerdem planen wir immer ein Familiengespräch ein. Ganz genau genommen ist aber
auch jede einzelne Mahlzeit eine Art Therapie.

Manchmal tut es einfach schon gut, in der Einzeltherapie draufloszuerzählen, oder in den Gruppentherapien zuzuhören, wie andere von ihren Schwierigkeiten erzählen – und vielleicht festzustellen, dass man mit seinem Kram in Wirklichkeit gar nicht alleine ist. Unser Ziel ist es auch, dich dabei zu unterstützen, dich selbst besser zu verstehen
und etwas über die Gründe für die Essstörung herauszufinden. Sozusagen „das eigentliche Problem“. Manchmal gibts einen ganz klaren Auslöser, manchmal ist es ein Puzzle mit 2000 Teilen – aber immer lohnt es sich, auf Spurensuche zu gehen. Andere wichtige Fragen sind zum Beispiel: „Wer bin ich eigentlich (ohne die Essstörung)?!“ – „Was muss sich ändern, damit sich was ändern kann?!“ – „Warum passiert mir immer wieder das Gleiche?!“. Oder auch mal: „Hallooo? Gehts noch?!“ 😀

Ja, aber mit Einschränkungen: in den ersten zwei Wochen hast du eine Ausgangssperre; in dieser Zeit darfst du das Klinikgelände nicht ohne Begleitung des Personals verlassen. Du wirst mit den anderen Sperrlingen (so heißen bei uns die Neuen ;p) und einem Betreuer mindestens einmal pro Tag einen Therapiespaziergang machen – und in den Garten darfst du auch, wenn du mal Frischluft brauchst. Ab der dritten Woche wird das Team der Jugendstation dann entscheiden, ob und wie lange du eigenständig raus darfst – erstmal zusammen mit mindestens einem Mitpatienten (oder am Wochenende mit deinem Besuch) und später auch ganz allein. Zu den Therapien und allen Haupt- und Zwischenmahlzeiten musst du allerdings, bis auf einige wenige Ausnahmen nach Absprache, in der Klinik sein.

Eigentlich ist das ganz einfach. Du musst nur da sein. Wenn du bis spätestens 10:30 anreist (und das empfehlen wir ganz dringend; eine spätere Anreise macht es für dich und uns viel komplizierter) wirst du im Laufe des Vormittags die Betreuer, deine Bezugstherapeutin und deine Ärztin kennenlernen. Zwischendurch triffst du dann auch deinen Zimmernachbarn bzw. -nachbarin und deinen Paten oder deine Patin (die dich auch im Laufe des Tages im Haus rumführt und dir alles wichtige zeigt und erklärt). Beim Mittagessen kannst du dir dann im Speisesaal einen Überblick verschaffen, wer noch so alles mit dir auf der Jugendstation ist… und am Nachmittag wartet die erste Therapieeinheit mit deiner Gruppe auf dich. Wenn du es schaffst, dich nicht in deinem Zimmer unter der Bettdecke zu verstecken, wird sich ganz sicher fast wie von selbst das ein oder andere Gespräch ergeben… Mach dich auf jeden Fall drauf gefasst, dass deine Mitpatienten einige Fragen an dich haben werden. Neue werden bei uns immer mit ganz viel Spannung erwartet und wir alle sind bestimmt fast genauso aufgeregt wie du.

Puuh. Möchtest du die wissenschaftliche Antwort oder die persönliche?! Das ist nämlich gar nicht so leicht zu beantworten. Ob eine Therapie (ob ambulant oder stationär) erfolgreich ist, hängt von ganz vielen Dingen ab. Zum Beispiel ob man den Kopf dafür frei hat, ob die Therapieform die passende ist, ob man Unterstützung durch das Umfeld hat, ob man sich mit dem Therapeuten versteht – und auch davon, was man unter „Erfolg“ überhaupt versteht. Wenn du aus eigenem Wunsch in die Klinik gehst, wenn du dich bei uns gut aufgehoben fühlst, wenn du wirklich wirklich wirklich etwas verändern möchtest – auch wenn es zwischendurch verdammt schwer werden kann – dann stehen die Chance sehr gut, dass es dir nach dem Klinikaufenthalt besser geht. Wichtig ist aber auch: eine Essstörung verschwindet nicht einfach so – ist ja keine Grippe oder gebrochenes Bein, sondern eine psychische Erkrankung, hinter der meistens noch ganz andere Probleme stecken. Die meisten arbeiten nach Entlassung in einer
ambulanten Therapie weiter, um die erreichten Ziele zu festigen und an ihren Themen weiterzuarbeiten.

Heimweh ist scheiße. So ganz hundertprozentig hilft da natürlich gar nichts – aber wir schauen mit dir zusammen, was dir die ersten Tage ein bisschen erträglicher machen kann. Einmal Einkuscheln bei den Betreuern, ein Spieleabend, eine Tasse Schlaftee, deine Schmusedecke?!

Ein Tag auf der Jugendstation

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